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Manchmal lohnt es wirklich, den Abend vor dem Fernseher zu verbringen. Eine derartige Sendung war „Marie und der Charme des Bösen” im ZDF. In diesem Krimi spielte Harald Krassnitzer den „Dr. Tilmann”, einen angesehenen Anwalt, der gnadenlos Arbeitgeberinteressen vertritt und unkündbare Angestellte mit dubiosen Methoden freistellt. Ein Hilfsmittel dazu ein aus der Tierschlachtung bekannter „Weiße Raum”. In ihn werden Schweine und Rinder vor der Schlachtung gebracht, damit sie sich entspannen, an nichts Böses denken, sie leichter zu schlachten sind und ihr Fleisch besser schmeckt. Das Prinzip ist auch aus der Fernsehserie Southpark – allerdings mit den Truthähnen – bekannt und im Internet [bei 16:30] abrufbar.
Genau das Gleiche schlägt „Dr. Tilmann” in diesem Film in einem exquisiten Seminar „im kleinen Kreis” den Unternehmen vor. Also: Nicht brutal mit den Mitarbeitern umspringen, sondern sie lieb und nett behandeln, sie in Sicherheit wiegen und dann – wenn sie es am wenigsten erwarten – gnadenlos und erfolgreich schlachten.
Der Reiseführer definiert dementsprechend: „Der Weiße Raum ist eine aus der Tierschlachtung bekannte Tötungsvorbereitung, deren Analogie sich nach Ansicht ihrer Protagonisten auch für die Kündigung von Mitarbeitern eignet!”
Falls es derartige Seminare wirklich gibt, wird natürlich nicht offen über sie gesprochen. Wer aber einmal „Seminar”+”Kündigung unkündbarer Mitarbeiter” in Google eingibt, wird feststellen, dass durchaus zumindest in diesem Bereich Einiges angeboten wurde. Auch im Reiseführer „Per Anhalter durch die Arbeitswelt” gibt es unter dem Stichwort “Der Schwarze Mitarbeiterabbauplanet“ erste Andeutungen.
Nicht erst seit der Wirtschaftskrise sind Unternehmen dabei, massiv Mitarbeiter abzubauen: Seit Frühjahr 2008 baut sich eine Entlassungswelle auf, die eigentlich nichts mit der Finanzkrise zu tun hat, die aber jetzt mit der Finanzkrise quasi entschuldigt und als Grund für weitreichende „Flexibilisierungsforderungen an die Mitarbeiter” instrumentalisiert wird.
Die Konsequenz für Mitarbeiter: Sich auf keinen Fall sicher fühlen, egal, was einem versprochen wird! Wir leben – auch wenn das nicht jedem gefällt und wenn es in Weißen Räumen nicht jeder wahrnehmen will – in einer Arbeitswelt ohne Stammplatzgarantie.
Übrigens: Der Personalvorstand eines großen deutschen Unternehmens verkündete am 16. Januar 2009 das Memorandum „Krise meistern – Beschäftigung sichern”, wonach Mitarbeiter keine Angst haben sollen, durch voreiliges Kostendenken auf Seiten der Unternehmen ihren Arbeitsplatz zu verlieren. (Über die Farbe des Raumes, in dem dieses Versprechen abgegeben wurde, ist allerdings nichts bekannt.)
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P.S.: In seiner unübertrefflichen Weitsicht schrieb bereits Douglas Adams in seinem Reiseführer Per Anhalter durch die Galaxis vorausschauend: „Der Raum war fast völlig weiß, rechteckig und ungefähr so groß wie ein kleineres Restaurant. Das heißt richtig rechteckig war er nicht: die beiden Längswände krümmten sich in einer sanften parallelen Kurve, und alle Winkel und Ecken des Raumes waren in enervierend viele Brechungen zerlegt. Arthur hatte plötzlich das Gefühl, dass ihm der Boden aus dem Hirn fiel. Seine Augen kehrten das Innere nach außen. Der Raum um ihn herum faltete sich flach zusammen, drehte sich um seine Achse, flutschte aus dem Sein und ließ Arthur in seinen eigenen Nabel gleiten.”